Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie und zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung

Am 13. Juni 2014 tritt das Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie und zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung in Kraft. Hier wurde bereits im September 2013 darüber berichtet, als das Gesetz verkündet wurde. Hier nochmals das Wesentliche:

Mit dem Gesetz wird das Recht des Verbrauchervertrags im Bürgerlichen Gesetzbuchs grundlegend neu gestaltet. Die umzusetzende Richtlinie 2011/83/EU enthält in ihrem Artikel 4 eine Vollharmonisierungsvorgabe, erlaubt also auch kein Abgehen eines Mitgliedstaates im Verbraucherschutz “nach oben” (zuvor galt im schuldrechtlichen Verbraucherschutz ein Mindestharmonisierungsgebot).

Der bisherige Untertitel über besondere Vertriebsformen (§§ 312 ff. BGB) wird vollständig neu gefaßt. Er wird in vier Kapitel untergliedert. Das erste Kapitel enthält in den §§ 312 und 312a BGB Vorschriften zum Anwendungsbereich sowie zu allgemeinen Grundsätzen bei Verbraucherverträgen. § 312 Abs. 1 BGB bestimmt die grundsätzliche Anwendbarkeit der §§ 312a bis 312h BGB für alle Verbraucherverträge (§ 310 Abs. 3 BGB), die eine entgeltliche Leistung des Unternehmers zum Gegenstand haben. Zu den damit angeordneten Pflichten gehören:

  • bei einem Anruf des Unternehmers die Offenlegung der Identität sowie des geschäftlichen Zwecks des Anrufs (§ 312a Abs. 1 BGB) — nicht bei Versicherungen und Versicherungsvermittlung (vgl. § 312 Abs. 6 BGB);
  • über das Hauptentgelt hinausgehende Zahlungspflichten des Verbrauchers müssen ausdrücklich vereinbart sein (§ 312a Abs. 3 BGB),
  • Vereinbarungen über die Kostenpflichtigkeit der Wahl eines bestimmten Zahlungsmittels unterliegen Einschränkungen (§ 312a Abs. 4 BGB).

Für “außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge” (früher: Haustürgeschäfte) und Fernabsatzverträge gelten dann zusätzlich die §§ 312b bis 312h BGB. § 312 Abs. 2 BGB sieht — der Richtlinie folgend — jedoch eine reiche Zahl von Bereichsausnahmen vor. Nicht unter die Vorgaben der Vorschriften fallen beispielsweise notariell beurkundete Verträge (darunter Grundstücksgeschäfte), Reiseverträge (hierfür gelten weiter die insofern spezielleren §§ 651a ff. BGB), Personenbeförderungsverträge, Behandlungsverträge (§ 630a BGB) und die Nutzung von Warenautomaten. Bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge gilt eine “Bagatellgrenze” von 40 Euro (§ 312 Abs. 2 Nr. 13 BGB). Der Begriff der außerhalb von Geschäftsräumen geschlossener Verträge ist deutlich weiter als der bisherige Begriff der Haustürgeschäfte (vgl. § 312b BGB). Relevant ist nicht mehr die besondere Situation, sondern allein der Umstand, daß der Verbraucher und der Unternehmer außerhalb von Geschäftsräumen aufeinandertreffen. Nahezu identisch ist dagegen die Definition des Fernabsatzvertrags in § 312c BGB.

Liegt einer der beiden Vertragstypen vor, so greift die Verpflichtung zur Ausstellung einer Vertragsabschrift bzw. einer Vertragsbestätigung (hier wird wieder nach den beiden Vertragstypen unterschieden, vgl. § 312f Abs. 1 und 2 BGB) sowie das Widerrufsrecht nach § 355 BGB (§ 312g Abs. 1 BGB). Für dieses Widerrufsrecht gibt es — wie bisher — Ausnahmen. Zu diesen Ausnahmen gehören unter anderem nach Verbraucherspezifikation angefertigte Waren, schnell verderbliche Waren, hygienisch bedingt versiegelte Waren nach der Entsiegelung durch den Verbraucher, Heizöl und ähnliche Vermischungsgüter, CDs und DVDs nach der Entsiegelung durch den Verbraucher, Waren mit Abhängigkeit von Finanzmarktschwankungen, Hotelübernachtungen, Autovermietung, öffentlich zugängliche Versteigerungen und bestellte Handwerkerleistungen.

Was die Informationspflichten angeht, differenziert die neue Regelung: Für außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge und Fernabsatzverträge gelten die Informationspflichten des Art. 246a EGBGB (§ 312d Abs. 1 BGB), für solche Vertragstypen über Finanzdienstleistungen (definiert in § 312 Abs. 5 Satz 1 BGB) gelten abweichend davon die Informationspflichten des Art. 246b EGBGB (§ 312d Abs. 2 BGB), bei allen Verbraucherverträgen gelten die Informationspflichten des Art. 246 EGBGB (§ 312a Abs. 2 BGB).

Für Verträge über soziale Dienstleistungen sowie über Wohnraummietverträge sieht § 312 Abs. 3 und 4 BGB vor, daß nicht alle der Regelungen der §§ 312b bis 312h BGB gelten, sondern nur die in der Vorschrift aufgelisteten Normen.

Für Verträge im elektronischen Rechtsverkehr gilt das aus zwei Vorschriften bestehende Kapitel 3. § 312i BGB gilt für alle Verträge im elektronischen Geschäftsverkehr, § 312j BGB für solche mit Verbrauchern. Materiellrechtliche Änderungen gibt es hier allein in § 312j BGB, wonach der Unternehmer vor Abschluß des Bestellvorgangs über Lieferbeschränkungen und akzeptierte Zahlungsmittel informieren muß.

Auch der Titel über die Ausübung des Widerrufsrechts (§§ 355 ff. BGB) wird komplett neu gefaßt. Die wichtigste rechtssystematische Änderung ist, daß für die Folgen des Widerrufsrechts nicht auf Regelungen zum Rücktritt verwiesen wird. Nach der neuen Fassung enthält § 355 BGB die für alle Verbraucherverträge mit einem Widerrufsrecht geltenden Regelungen; das bisherige Rückgaberecht nach § 356 BGB a. F. entfällt (da es in der Richtlinie 2011/83/EU nicht mehr vorgesehen ist). Für den Beginn der 14-tägigen Widerrufsfrist ist im Grundsatz nach § 355 Abs. 2 BGB der Vertragsschluß maßgebend. Hiervon weichen die folgenden Vorschriften je nach Fall ab. Für außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge und Fernabsatzverträge gilt im Wesentlichen der Zeitpunkt der Warenanlieferung als fristauslösend (§ 356 Abs. 2 BGB). Die Widerrufsfrist beginnt jedoch — wie bisher — erst dann zu laufen, wenn der Verbraucher über sein Widerrufsrecht ordnungsgemäß belehrt wurde (jedoch nicht später als ein Jahr nach der Lieferung), § 356 Abs. 3 BGB. Für weitere Vertragstypen enthalten die §§ 356a bis 356c BGB besondere Regelungen zum Beginn der Widerrufsfrist. Konsequent wird § 485a gestrichen.

Die Rechtsfolge der Ausübung des Widerrufs enthält § 355 Abs. 3 Satz 1 BGB: Die empfangenen Leistungen sind zurückzugewähren. Auch auf Rechtsfolgenseite enthalten die neuen Vorschriften in den §§ 357 bis 357c BGB besondere Regelungen für einzelne Vertragstypen. Für außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge und Fernabsatzverträge gilt § 357 BGB. Nach § 357 Abs. 2 BGB hat der Unternehmer auch die (gewöhnlichen) Kosten der Lieferung zurückzugewähren. Dem Unternehmer steht nach § 357 Abs. 4 BGB ein Zurückbehaltungsrecht zu.

Neu ist die Regelung des § 357 Abs. 6 BGB: Danach hat grundsätzlich der Verbraucher die Kosten der Rücksendung zu tragen (es sei denn, er wurde darüber nicht belehrt). Dem Unternehmer steht es aber natürlich frei, sich zur Tragung der Kosten bereit zu erklären. § 485 Abs. 2 BGB wird konsequent gestrichen. Die Bestimmungen über den Pflicht zur Leistung von Wertersatz (nun in § 357 Abs. 7 BGB) entsprechend hingegen weitestgehend der bisherigen Rechtslage.

Neu gefaßt wurden die §§ 126b, 241 und 443 BGB zur Textform, zu unbestellten Leistungen und zur Garantie, ohne daß es dadurch materiellrechtliche Änderungen bezweckt sind. In § 241a BGB wird allein die Warendefinition der Richtlinie übernommen, und in § 241a BGB wird die Unabdingbarkeit der Vorschrift festgeschrieben. § 474 BGB wird neu strukturiert und erhält zwei neue Regelungen: Nach § 474 Abs. 3 Satz 1 BGB haben bei einem Kaufvertrag, der Verbrauchervertrag ist, die beiden Parteien ihre Leistungen nicht mehr “sofort” (§ 271 Abs. 1 1. Halbsatz BGB), sondern nun lediglich “unverzüglich” zu erbringen. Nach § 474 Abs. 4 BGB ist § 447 Abs. 1 BGB dann auf Verbraucherverträge anwendbar, wenn der Käufer den Spediteur ausgewählt hat (bisher war die Geltung des § 447 BGB für alle Verbraucherverträge ausgeschlossen, § 474 Abs. 2 Satz 2 BGB a.F.).

Im Rahmen der Beratungen im Rechtsausschuß hat sich die Überzeugung durchgesetzt, daß auch die Verbraucherdefinition in § 13 BGB neu zu fassen ist. Der Hintergrund hierfür ist der Erwägungsgrund 17 der Richtlinie 2011/83/EU, der klarstellt, daß bei sog. Dual-use-Verträgen der Betroffene auch als Verbraucher gilt, wenn die gewerblichen (bzw. selbständig beruflichen) Zwecke nicht überwiegen.

Die Änderungen im Überblick:

BGB, EGBGB, ZPO.